Dr. Friedrich Pohl
Institut für Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienst des Landes Bremen
Diagnose beginnt am Flugloch - Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene
Die meisten Imkerinnen und Imker verweilen kaum vor ihren Beuten, sie können es kaum erwarten, in ihre Völker zu schauen. Hierdurch werden wichtige Hinweise auf den Zustand der Völker "verschenkt". Einige Beispiele:
Flugaktivität an dem Flugloch bedeutet nicht, dass es wirklich um Bienen des Volkes handelt. Es können auch fremde Bienen sein: Räuberei, die nahezu ganzjährig auftreten kann, "verrät" sich durch das unruhige Verhalten der Flugbienen und Kämpfe, aber auch durch Wachsteilchen abgeschroteter Waben im Fluglochbereich und Beutenboden. Weisellosigkeit oder gar der Tod des Volkes können der Grund für diese häufig falsch gedeutete "Flugaktivität" sein!
Varroamilben oder auch Kalkbrutmumien auf dem Flugbrett lassen auf eine bedenkliche Gesundheitssituation in den Völkern schließen! Die Volksdurchsicht wird das bestätigen!
Kotspuren dagegen sind nicht so eindeutig zuzuordnen bzw. einzuschätzen - kühle Temperaturen und viel Wind können den lebensnotwendigen Reinigungsflug wie ein "Durchfallproblem" aussehen lassen. Form und Farbe der Kotspuren sind meist nur mit weiteren Informationen wie Jahreszeit, Volkszustand und dem Auftreten anderer Erkrankungen oder Störungen klar einzuordnen.
Verhalten und Aussehen krabbelnder oder toter Bienen vor der Beute sind ebenfalls wichtige Indizien z. B. für Virosen, Varroose, Vergiftung oder Maikrankheit. Haben Sie noch nie taumelnde, orientierungslose Bienen vor der Beute gesehen?
Grundstein für eine einfache Diagnose sind 6 Fotodiagnosetafeln des "Handbuchs Bienenkrankheiten" (Pohl 2019, Kosmos Verlag Stuttgart), mit denen man sich schrittweise, von außen (Beute & Flugloch), über die Gemüllwindel, mit dem Blick auf die Rähmchenoberträger & in die Wabengassen und schließlich auf die Brut-, Futter- und Leerwaben im Volk vorarbeiten kann. Die letzte Diagnosetafel stellt mögliche Krankheiten und Störungen an Arbeiterin, Königin und Drohn dar.
Mit der richtigen Diagnose können geeignete Bekämpfungsmaßnahmen und Problemlösungen ausgewählt werden.