Apisticus des Jahres 2018
Laudatio für Markus Imhoof
Meine Damen und Herren, liebe Imkerinnen und Imker, meine sehr verehrten Gäste aus Nah und Fern!
Zunächst möchte ich Sie hier im Saal alle recht herzlich begrüßen, insbesondere den Apisticus,
der sich hier noch irgendwo in den Reihen versteckt hält.
Ich empfinde es als eine besondere Ehre, hier und heute im Namen des Vereins Apis e.V., dem Stifter des Preises, die Laudatio für den Apisticus zu halten. Ich freue mich besonders, dies tun zu dürfen, weil der neue Apisticus mein Leben verändert hat.
Wer ist unser neuer Apisticus?
Denken Sie unser Preisträger ist männlich? Nur weil wir von Ihm sprechen, dem Apisticus?
Vorsicht, das muss nicht sein, eine Apisti-cusine wird in den Vergaberichtlinien nicht erwähnt …
Sicher ist aber, dass unser Apisticus eine besondere Biene ist! Sie hat im Jahr 1941 in einer Gebirgslandschaft das Licht der Welt erblickt, hat studiert, dann gelebt in Mailand, Berlin, in der Schweiz und lebt jetzt wieder in Berlin. Diese Biene war immer unruhig & bewegt; sie ist es bis heute. Sie ist immer als Spurbiene mit großem Flugradius unterwegs gewesen und hat vor allem „die Welt des Sozialen“ erkundet. Soziale Ungerechtigkeit und Ohnmacht, oder auch Dummheit der Bürokratie, haben sie umgetrieben und herausgefordert.
Erst etwa um das Jahr 2007 herum, hat diese fleißige Biene sich der Bienen angenommen, obwohl ihr Großvater selbst Großimker war. Fünf Jahre Lebenszeit hat sie dann für das „Projekt“ gegeben. Da sie halbe Sachen nicht leiden kann, hat sie sich dem ganz und gar, ohne wenn & aber, Tag und Nacht, gewidmet. Beruf und Privatleben waren in dieser Zeit mal wieder nicht zu trennen.
Diese Biene hat auf ihren Reisen rund um die Welt enorme Mengen Nektar und Pollen für das Projekt gesammelt. Es ist für mich nicht zu begreifen, wie diese Biene daraus das Wachs ausgeschwitzt hat und mit diesem Wachs gewissermaßen eine Kerze gegossen hat, die seither brennt und leuchtet. Dafür verleihen wir ihr heute den Apisticus.
Es mag ein wenig „api-zentrisch“ klingen, aber mir scheint, dass die Jahrzehnte ihres Lebens zuvor, wie eine Vorbereitung auf diesen Höhepunkt ihres Schaffens waren. Diese fleißige Biene hat ihre ganze Lebenserfahrung, Kompetenz, Hingabe und Leidenschaft dafür gegeben. So wie die Bienen eben: Nektar und Pollen sammeln, Honig draus machen, Vorräte bilden, Futtersäfte & Wachs daraus machen, es aber nicht selbst verbrauchen, sondern dem Ganzen zur Verfügung stellen.
In der Vergabe-Satzung für die Preisverleihung ist geregelt, dass der Apisticus überregional gewirkt haben muss und zwar mindestens in einem Bundesland. Diese Anforderung erfüllt unsere Biene locker J… Sie hat mit dem „Projekt“ weltweit gewirkt, in ganz Europa, Finnland bis Italien, Estland bis Portugal, Türkei, Russland, Iran, Asien, Japan, Hongkong, in der gesamten USA, Südamerika, wohl in den meisten Ländern, in denen es Honigbienen und Imker gibt.
Soweit ich es recherchieren konnte, hat sie dafür mindestens 33 Preise und Ehrungen verliehen bekommen. Wer ist diese herausragende Persönlichkeit, deren Wirken von einer tiefen Bescheidenheit, von Konsequenz und Poesie durchzogen ist? Die Biene, die heute siebenhundert Kilometer nach Münster geflogen ist, um den Apisticus persönlich entgegen zu nehmen.
Unser Apisticus ist Mitglied
- der Akademie der Künste Berlin,
- der Deutschen Filmakademie,
- der Europäischen Filmakademie
- der Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Los Angeles.
Wir sind glücklich den Apisticus heute verleihen zu dürfen, an:
Markus Imhoof - für die Dokumentation „More than Honey“
Wir danken Dir für „More than Honey“ - Dein Werk!
Wir danken Dir für Dein Kommen heute und möchten es mit Dir feiern.
Bevor Du gleich von Herrn Werring, dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer, die Urkunde und schwerwiegende „Trophäe“ überreicht bekommst und zu uns sprichst, möchte ich – da ich nun Klartext reden darf - Deine Dokumentation konkreter würdigen.
„More than Honey“
Im Alter von sechs Jahren, nach seinem ersten Kinobesuch, hat Markus Imhoof seinen ersten Film gezeichnet und noch als Jugendlicher einen Filmprojektor konstruiert. Das ging damals noch ohne Elektronik. Gleich am Anfang seines Lebens zeigte sich sein eigenes biographisches Drehbuch als Regisseur und Macher. Seine ersten beiden echten Filme wurden verboten. Den Eidgenossen waren sie zu kritisch. Nach der Produktion von mindestens 17 Filmen und sicherlich ebenso vielen Theaterinszenierungen, drängten sich die Bienen in sein Leben. Die Tochter und der Schwiegersohn waren als Bienenforscher am Puls der Zeit.
Er hat sich in die Welt der Bienen hineinversetzt und immer wieder gefragt „Was wollt ihr uns sagen?“ Er hat es ihnen abgelauscht. Ihre Antwort ist zu „More than Honey“ geworden!
Es ist eine großartige Naturdokumentation! Mit modernster Technologie macht er Phänomene sichtbar, die auch für uns Imker verborgen waren. Selbst uns lässt er staunen. Mit seiner Poesie weckt er im Zuschauer Ehrfurcht, gemischt mit einem Gefühl der Beunruhigung und der Dringlichkeit angesichts des Schicksals der Bienen dieser Welt.
Wir sehen darin Chinesische Obstplantagen, die von Hand bestäubt werden. Es sind eindrückliche Bilder, die um die Welt gingen. Wir sehen monumentale wirkende natürliche Landschaften, riesige intensiv bewirtschaftete Agrarflächen, modernste imkerliche Produktionsbetriebe, einen Freizeit Imker mit dem traditionellen Bienenhaus in den Schweizer Bergen und eine extensive Bienenhaltung an der mexikanischen Grenze.
Markus Imhoof zeigt schonungslos, klar und deutlich, aber ohne erhobenen oder anklagenden Zeigefinger, wie sich die Bienenkrise in verschiedenen Teilen der Welt äußert und wo sie herrührt. Er lässt Fakten sprechen und betroffene Personen; Personen, die zum Teil in erschreckend naiver & dramatischer Weise aussprechen, worum es geht.
Das „happy end“ bleibt aus. Der Zuschauer bleibt betroffen, bewegt und mit einer Menge neuer Fragen zurück. Fragen, denen wir uns stellen müssen! So hat der Film gewirkt und tut es weiterhin. Etwa eine Millionen Kino Besucher haben ihn gesehen, ungezählte Fernseh-Zuschauer weltweit, und eine unübersichtliche Zahl an DVDs in allen denkbaren Sprachen. „More than Honey“ hat in der sogenannten Mitte der Gesellschaft Aufmerksamkeit und Empathie für unsere Bienen geweckt und Bewusstsein für Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft geschaffen.
Wir alle erleben, wie sich immer mehr Menschen, alleine oder in diversen Initiativen, für Bienen, Blütenbestäuber und für Biodiversität einsetzen. Dein Werk „More Than Honey“, lieber Markus Imhoof, hat einen großen Anteil daran und hat manches Leben nachhaltig verändert ...
So hat z.B. ein Baden-Württembergischer Unternehmer den Film gesehen und Markus Imhoof gefragt, ob es eine Stiftung für die Bienen braucht. Das hat mir geholfen die Aurelia Stiftung
mit dem Motto „Es lebe die Biene!“ ins Leben zu rufen. Ich darf dies hier in Dankbarkeit erwähnen, denn beide sind Gründungsmitglieder im Kuratorium der Stiftung geworden.
Ein anders Beispiel ist die Norwegische Autorin Maja Lunde. Manche von Ihnen werden vom Bestseller-Roman „Die Geschichte der Bienen“ gehört oder ihn gelesen haben. Die Autorin wurde durch „More than Honey“ inspiriert.
Oder der Großimker Miller, eine der Hauptpersonen im Film, hat begonnen seinen Imkerei-betrieb umzustellen. Der Film hat sogar ihm die Augen geöffnet. Er will neue Wege gehen um endlich gesundere Völker zu haben.
Mir scheint, auch wir Imker und Imkerinnen begreifen immer mehr, dass es eben nicht nur um Honig geht. Vielleicht geht es sogar um die Frage: „Wie wollen wir leben?“ Es wäre ganz gut, sich die Frage nicht nur sonntags zu stellen. Ich jedenfalls, fühle mich durch Markus Imhoof aufgerufen, mich zu fragen, was ich will und was ich persönlich beitragen kann. Ich finde, wir können als Imkerinnen und Imker unseren Einflussbereich ausweiten und mit unseren Bienen leuchtende Vorbilder sein. Wir können wie Markus Imhoof, jeder an seinem Platz, jeder in seiner Weise und für eine Welt wirken, die Biene, Mensch und Natur erfreut.
Münster, den 10. Februar 2018
Thomas Radetzki
Imkermeister und Vorstand Aurelia Stiftung