Prof. Dr. Ingemar Fries

Swedish University of Agricultural Sciences Uppsala, Sweden
Ulls väg 16, Box 7044, S-75007 Uppsala

 

Neues zur Nosemose

Seit Entdeckung von Nosema apis, die erstmals durch den deutschen Bienenforscher Enoch Zander im Jahre 1907 beschrieben wurde, ist die Nosemose als Krankheit der Honigbiene erforscht worden. Der Erreger der Nosemose gehört zu der großen und heterogenen Gruppe der Mikrosporidien. Dies sind einzellige, intrazelluläre (in der Zelle lebend) Parasiten, die zwar vielfältige Lebensformen infizieren, jedoch häufig wirtsspezifisch sind. Obwohl ca. 1600 Arten von Mikrosporidien beschrieben sind, machen diese nur einen geringen Anteil der Gesamtpopulation aus. Früher wurden Mikrosporidien als hoch spezialisierte parasitische Protozoen (Einzeller) angesehen. Durch Vergleiche mit neuen genetischen Methoden ergab sich eher eine Verwandtschaft zu Pilzen als zu Amöben oder Ciliaten (Geißeltiere). Die Nosemose bei Honigbienen wird also durch einen hoch spezialisierten parasitischen Pilz ausgelöst.

 

Alle Mikrosporidien haben ein gemeinsames Merkmal, den Infektionsapparat. Die Morphologie zwischen den Arten kann unterschiedlich sein, jedoch infizieren alle die Wirtszelle durch Injektion eines Polarfilamentes durch die Wirtszellmembran, um ihren Lebenszyklus mit neuer Sporenproduktion in der Wirtszelle abzuschließen. Mikrosporidien verbreiten sich zwischen den Wirten durch umweltstabile Sporen, in Honigbienen durch einen oral-fäkalen (Mund-After) Übertragungsweg. Im Insekt selbst bildet der Parasit kurzlebige Sporen, die im Zellplasma des Wirtes keimen und sich über alle Zellen ausbreiten. Dieser Übertragungsweg konnte bei Honigbienen im Fall von Nosema apis gezeigt werden.

 

Der Einfluss der Nosemose auf Produktivität und Auswinterung des Volkes wird deutlich von der Stärke der Infektion beeinflusst. Niedrigere Infektionsgrade haben nur geringen Einfluss, während höhere Infektionsgrade zu dramatischen Effekten im Hinblick auf Honigertrag und Wintersterblichkeit führen können. Besonders sichtbar wird dieser Einfluss in Klimazonen mit ausgedehnter Winterruhe. Nichtsdestotrotz ist die Nosemose auch in tropischen Gegenden vertreten und bisher ist nur wenig zu den Auswirkungen dieser Krankheit unter solch klimatischen Bedingungen bekannt.

 

Vor etwas mehr  als 10 Jahren wurde mit Nosema ceranae bei der asiatischen Honigbiene Apis cerana ein neuer Parasit aus der Gruppe der Mikrosporidien beschrieben. Dieser Parasit hat einen Lebenszyklus, der dem von N. apis ähnelt und ebenso nur die Mitteldarmepitelzellen seines Wirtes infiziert. Ein Infektionsexperiment demonstrierte, dass beide Nosema-Arten kreuzinfektiös gegenüber der Wirtsspezies sind, aber, dass N. apis sich weniger schnell in Apis mellifera entwickelt als N. ceranae. Obwohl die Größe der Sporen von N. ceranae geringer ist als die von N. apis, ist der Unterschied nicht dramatisch und könnte ebenfalls nur schwer durch ein Lichtmikroskop zu erkennen sein. Für eine schnelle und zuverlässige Diagnose dieser zwei Arten von Parasiten sind daher genetische Nachweismethoden (PCR) entwickelt worden.

 

Zehn Jahre nach Beschreibung von N. ceranae und weiteren Jahren zunehmenden Häufigkeit von Nosema-Infektionen in spanischen Imkereien, zeigte die genetische Sequenzierung, dass 10 von 11 Proben tatsächlich mit N. ceranae infiziert waren. Im gleichen Jahr wurden in Taiwan bei europäischen Bienen ebenfalls Infektionen mit N. ceranae festgestellt. Nach weiteren Bestandsaufnahmen in der ganzen Welt wurde deutlich, dass N. ceranae mit kleinen Einschränkungen überall in europäischen Bienen gefunden werden konnte. Die Analyse historischen Proben zeigt, dass ein Ablöseprozess stattfindet, wobei N. apis durch N. ceranae ersetzt wird. Häufig treten in der gleichen Probe beide Infektionen auf, doch je länger die Infektionen in einer bestimmten Region vorherrschen, umso stärker dominiert N. ceranae.

 

Es bleibt zu beobachten, ob N. ceranae virulenter ist als N. apis und dies durch den Imker größerer Aufmerksamkeit bedarf. Der stattfindende Ablöseprozess mag einen Hinweis auf die höhere Virulenz von N. ceranae geben. Vergleichende Infektionsexperimente sind unerlässlich, um mögliche Unterschiede in Form von Virulenz zwischen den beiden Arten zu dokumentieren und festzustellen, ob Empfehlungen für N. apis ebenso für N. ceranae gelten. Bis solche Daten verfügbar sind, ist es sinnvoll für den Imker, diese beiden Infektionsvarianten als ein und dieselbe Variante zu behandeln.