15. Apisticus-Tag 2006

Dr. Irmgard Jung-Hoffmann

Berlin

Zeidler – Mellificus – Apisticus:

Die lange Tradition der Imkerei

Die Tradition der Imkerei wird bestimmt von den biologischen Eigentümlichkeiten und von der Lebensweise der Honigbiene. Mit zunehmendem Wissens- und Erkenntnisstand entwickelte sich eine Tradition, in deren Zentrum das Bienenvolk stand.

Der Begriff „Imkerei“ ist viel jünger als die hiermit gemeinte Tätigkeit des Bienenhaltens, wie eine der zahlreichen Bezeichnungen für Imkerei lautet. Als Imker werden diejenigen bezeichnet, die Bienen in selbst hergestellten Wohnungen (wie etwa Körben) hielten. Im Gegensatz hierzu standen jene, die Bienenvölker beraubten und töteten.

Wann die „Imkerei“ in unseren Breiten begann, wissen wir nicht, und wie es dazu kam, lässt sich nur vermuten. Honigbienen lebten in den natürlichen Höhlen der Urwälder, die einst Mitteleuropa bedeckten. Mit zunehmender Rodung dieser Wildnis und der Zerstörung der natürlichen Bienenwohnungen, so lässt sich annehmen, schuf man künstliche Behausungen in Form von Holzröhren und Körben. Archäologische Funde, besonders aus dem 1. Jahrtausend n. Chr., bestätigen dies. Aber auch aus noch vorhandenen Wäldern wurden Bienenvölker und Schwärme in künstliche Wohnungen nahe den menschlichen Wohnorten gebracht: die so genannten Haus- oder Gartenbienen. Es handelte sich um dieselbe Bienenart wie die „Waldbiene“, die dunkle deutsche Biene.

Eine besondere Art der Bienenhaltung entwickelte sich in dem Gebiet östlich der Elbe: die Waldbienenzucht. Waldbienen“zucht“ hat nichts mit Zucht oder Züchtung zu tun, es ist nur der seit langer Zeit eingeführte Begriff für diese Betriebsweise. Sie wurde von Zeidlern in von ihnen künstlich ausgehöhlten lebenden Bäumen, den Bienenbäumen, betrieben. Im Westen fehlt diese Betriebsweise völlig. Im Osten hielt man neben der genossenschaftlich ausgeübten Waldbienenzucht auch Haus- oder Gartenbienen. Für die Bienenhaltung in den Gärten wurden in den östlichen Landesteilen „Klotzbeuten“ verwendet, die aus abgestorbenen Bienenbäumen herausgesägt oder aus Stammabschnitten hergestellt wurden.

Mit Beginn des Buchdruckes (zuvor auch in Handschriften) finden sich bildliche Darstellungen und Texte über verschiedene Bienenwohnungen. So zeigt auch ein früher Druck aus der Zeit um 1495 Bienenkörbe aus Stroh. Seit wann Strohkörbe tatsächlich genutzt wurden, kann man nicht sagen. Neben dem Bilderschmuck der frühen Drucke gibt es auch andere künstlerische Darstellungen: Gemälde und Bildhauerarbeiten in Holz und Stein.

Im Vordergrund der Nutzung der Bienenprodukte stand lange Zeit das Wachs, worauf Wachszinsigkeit und Wachsabgaben der unterschiedlichsten Art, wie auch Wachsstrafen verweisen. Honig diente weit verbreitet zur Metherstellung und in der Medizin, aber auch als Süßungsmittel.

Die Waldbienenzucht kam zur Zeit des 30-jährigen Krieges mehr oder weniger zum Erliegen. Die Gartenbienenzucht erlitt Einbußen sowohl durch kriegsbedingte Völkerverluste als auch durch den Abbruch tradierter Kenntnisse, die zu jener Zeit vor allem mündlich weitergegeben wurden. Die Imkerei führte ein kümmerliches Dasein. Im 18. Jahrhundert beförderten dann die staatlich verordneten Maßnahmen zur Zeit des Merkantilismus und eine sich langsam entwickelnde Bienenliteratur die Imkerei wieder. Pfarrer widmeten sich zunehmend der Imkerei sowohl als Imker und Bienenschriftsteller wie vermutlich auch als direkte Ratgeber.

Man imkerte nach wie vor zumeist in den traditionellen Bienenwohnungen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte dann eine Entwicklung ein, die die Imkertechnik so weitgehend verändern sollte wie zu keinem Zeitpunkt zuvor. Waren bisher Bienenwohnung und Bienenvolk eine Einheit, so wurde diese jetzt aufgelöst. Die Erfindungen der beweglichen Wabe (Dzierzon: Stäbchen, von Berlepsch: Rähmchen), der Mittelwand (Mehring) und der Honigschleuder (von Hruschka) revolutionierten die Imkerei. Im deutschsprachigen Gebiet und auch an seinen Grenzen entwickelte sich ein neuer Bienenwohnungstyp: die Hinterbehandlungsbeute. Die Imker mussten sich in ihrer Betriebsweise auf die neue Mobilität einstellen. Der neue Beutentyp sollte für rund hundert Jahre vorherrschend in Deutschland sein. Er stellte einen Sonderweg in der weltweiten Imkerei dar. Mit vielen Veränderungen, Verbesserungen und Abwandlungen der Maße der Hinterbehandlungsbeuten, die auch im Zusammenhang mit der Vielfalt der Rähmchenmaße standen, wurde dieser Weg konsequent fortgesetzt.

Das 19. Jahrhundert brachte aber auch die ersten Gründungen von Imkervereinen, die Installation der Wanderversammlungen, eine starke Zunahme der Bienenbücher und den Beginn des regelmäßigen Erscheinens von Bienenzeitungen. All dies trug zu einer Verbreitung neuer bienenkundlicher und imkereitechnischer Kenntnisse bei.

Schon nicht mehr im 19., sondern zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfolgte die Gründung des Deutschen Imkerbundes und damit einer Organisation, die in der Lage war, die Imkerei zu fördern und nach außen deren Bedürfnisse bekannt zu machen und zu vertreten.

Die Erfindungen des 19. Jahrhunderts hatten die Mobilität der Waben und ihre Hantierbarkeit gebracht. Die Möglichkeit die Beutengröße an die Trachtverhältnisse und an die Bedürfnisse der Bienen anzupassen, fehlte. Das geschah erst, als sich in der Zeit nach dem II. Weltkrieg auch in Deutschland die Magazinimkerei durchzusetzen begann.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Sicht auf die Imkerei gewandelt. So spielt nicht nur der Honig als hochwertiges Nahrungsmittel weiterhin eine bedeutende Rolle. Die Gewährleistung einer hohen Qualität liegt in den Händen der Imker und Imkerinnen. Auch der Honigproduzentin, der Honigbiene, gebührt jedoch Aufmerksamkeit, damit sie durch ihre Leistung bei der Bestäubung der Blütenpflanzen ihrer Aufgabe beim Erhalt der Umwelt nachkommen kann. Diese Leistung kann sie aber nur mit Hilfe ihrer Betreuer erbringen.