Dr. Manfred Verhaagh
Hauptkonservator am Staatlichen Museum für Naturkunde Karlsruhe
Angekommen! Die Asiatische Hornisse in Baden-Württemberg
Die ursprünglich in Südostasien heimische Hornissenart Vespa velutina Lepeletier, 1838 wurde vermutlich 2004 in der dunklen Variation nigrithorax nach Südwestfrankreich eingeschleppt, von wo aus sie sich in den letzten Jahren schnell über ganz Frankreich, das nördliche Spanien und Portugal sowie nach Italien ausbreitete. 2017 wurde die Art auch aus Großbritannien und der Schweiz gemeldet. In Deutschland wurde V. velutina erstmals im September 2014 in Waghäusel (Baden-Württemberg) nördlich von Karlsruhe nachgewiesen und durch ein Foto belegt. Das erste Nest wurde noch im November des gleichen Jahres aus Büchelberg im südlichen Rheinland-Pfalz bekannt. 2016 wurde Mitarbeitern des Museums das erste Nest in Baden-Württemberg gemeldet, das im Januar 2017 im Stadtteil Karlsruhe Neureut-Heide aus der Krone einer Kiefer geborgen werden konnte. Nach dem Laubfall im Herbst 2017 wurden zwei weitere Nester in Laubbäumen im Stadtgebiet von Karlsruhe bekannt und von der Feuerwehr geborgen. Es wird erwartet, dass sich die Art weitere Areale in Europa erobern kann, insbesondere auch mit fortschreitender Klimaerwärmung.
- velutina wird deshalb seit dem 3.8.2016 auf der EU-Liste der invasiven gebietsfremden Arten geführt und unterliegt Artikel 16 ff. der Verordnung: „Frühe Phase der Invasion“. Unter diesen Artikel fallen Arten, die sich in einem Mitgliedsstaat in einer frühen Phase der Invasion befinden und daher wenn möglich sofort vollständig und dauerhaft zu beseitigen sind. Die Früherkennung, die anzuwendenden Maßnahmen und die erfolgte Beseitigung sind jeweils zu dokumentieren und der EU-Kommission zu melden, genauso wie Gründe für eine Nichtbeseitigung.
Über die Nistweise der Art ist aus ihrem heimischen Verbreitungsgebiet bekannt, dass Jungköniginnen häufig ihre Nester in Bodennähe anlegen und es später im Jahr zu einer Filialnestbildung kommt, bei der das ganze Volk an einen neuen Neststandort, meist in eine Baumkrone, umzieht. In Frankreich kommt es bei etwa 70% der ausgewerteten Nester zu einer Filialnestbildung. Dieses Verhalten konnte auch bei dem im Karlsruher Stadtteil Neureut-Heide gefunden Nest beobachtet werden. Im Vergleich zur einheimischen Hornisse Vespa crabro baut V. velutina 3-5-fach höhere Volksstärken in den 50 – 80 cm im Durchmesser großen Kartonnestern auf, das sind über 10.000 Tiere im Laufe des Jahres und bis zu 2.000 Arbeiterinnen, die sich gleichzeitig im Frühherbst im Nest befinden.
Die neu gefundenen Nester lassen vermuten, dass sich die Art auch in Baden-Württemberg und damit in Deutschland etabliert hat. Aufgrund der Größe der Nester und den Erfahrungen aus Frankreich, dass ein Nest bis zu mehreren Hundert potentieller Gründerkönigingen hervorbringen kann, die von Ende September bis November das Nest zur Überwinterung verlassen, ist mit weiteren Beobachtungen und Nestern im Raum Karlsruhe in Zukunft zu rechnen. Das warme Oberrheinklima dürfte dabei die weitere Ausbreitung der Art begünstigen. Die Ausbreitung wird in den bisher betroffenen Ländern mit großem Interesse verfolgt, um gegebenenfalls Auswirkungen auf die europäische Entomofauna zu erkennen. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der Honigbiene Apis mellifera, die neben anderen Hymenopteren und Dipteren bis zu zwei Drittel der als Larvennahrung eingetragenen Beutetiere ausmachen kann. Bislang sind aber keine Verfahren bekannt geworden, die die Ausbreitung hätten stoppen bzw. effektiv eindämmen können. Bei der Ausschau nach Nestern sollten nicht nur entlaubte Bäume, sondern auch Kiefern in Augenschein genommen werden. da in Frankreich neben Pappeln (Populus) in Flussnähe auch Kiefern (Pinus) bevorzugt als Nestbäume gewählt werden. Den Imkern wird in Zukunft bei der rechtzeitigen Lokalisation von Nestern eine entscheidende Rolle zukommen, da sie durch das Auftauchen von Honigbienen jagenden Arbeiterinnen frühzeitig auf das Vorhandensein von Nestern der Asiatischen Hornisse aufmerksam gemacht werden.