Ing Josef Ulz

Ing. Josef Ulz (Markt Hartmannsdorf, Österreich)

Hat die klein strukturierte Imkerei in Mitteleuropa
noch Zukunft?

 

Wenn man die gesamtlandwirtschaftliche Entwicklung in Europa in den letzten Jahrzehnten betrachtet, gibt es zwei grundlegende Trends; weniger Landwirte aber dafür größere Betriebe. Kann man diesen Trend auch in der Imkereie erkennen? Ja, aber nur in sehr abgeschwächter Form. Dies hat seine Begründung dahingehend, dass in der Imkerei viele erst in der Pension mit Bienen beginnen und deshalb keinen größeren Imkereibetrieb mehr aufbauen können.

Warum hat scheinbar die Jugend kein Interesse für die Imkerei? Der Grund ist äußerst vielschichtig, aber einer von vielen dürfte sein, dass die heutige Imkerei mit zu vielen Negativschlagzeilen behaftet ist, wie z.B.: alle Bienen sind krank, Antibiotika im Honig, Überproduktion, „Futterneid“, Wettbewerbsverzerrung, Durchschnittsalter der Imker liegt bei 60 Jahren.

Die Bienenwirtschaft in Europa erlebt momentan einen sehr starke Umstrukturierung auf dem Sektor Völkerführung, Einstellung zu Bienenkrankheiten und deren Bekämpfung, Einstellung zur Qualität und Hygiene und nicht zuletzt auch die Aktivitäten in der Honigvermarktung. Es stellt sich deshalb die Frage, ob alle Imker/innen diesen Umstieg geschafft haben? Realistisch gesehen muss man dies ganz klar mit einen „Nein“ beantworten.

Einige Trends in der Imkerei des 21. Jahrhunderts:

  1. a) Imker- und Bienenanzahl nimmt EU-weit ab,
  2. b) Landwirt hält in Zukunft kaum noch Bienen,
  3. c) Bienenzucht reduziert sich auf Gunstlagen,
  4. d) Mobilität des Imkers fördert die Übertragung von Bienenkrankheiten,
  5. e) Rassenvermischung bedroht die heimische reinrassige Bienenzucht,
  6. f) „Störempfindlichkeit“ der Mitmenschen wird immer höher.

Es stellt sich nun die Frage, ob unter diesen Gesichtspunkten der Kleinimker noch eine Chance hat zu bestehen. Meine Antwort lautet: „ja“ aber

Wo liegen nun die Stärken des Kleinimkers? Inlandsbedarf von Honig kann nur teilweise abgedeckt werden, dadurch ergeben sich für ihn Marktchancen. Der Kleinimker kann sich ein bescheidenes Zusatzeinkommen schaffen und damit seinen Lebensstandard etwas erhöhen. Seine soziale Zufriedenheit wird durch das Halten von Bienenvölkern angehoben, es schafft eine stärkere Naturverbundenheit und meist ist es auch ein willkommener Ausgleich zum Alltagsstress. Bienenvölker werden in Zukunft verstärkt von Plantagenbesitzern zur Bestäubung angemietet. Der Kleinimker ist in der Regel flexibler als ein Berufsimker und kann einen diesbezüglichen Bedarf in seiner Region besser abdecken. Der Konsument wird speziell durch die negativen Vorkommnisse im globalen Warenhandel in Zukunft noch stärker auf die regionalen Produkte zurückgreifen, soweit sie u. a. auch im Supermarkt angeboten werden, da leider der Ab-Hof-Verkauf und die Bauernmärkte sich eher rückläufig entwickeln.

Wenn man die Entwicklung im Lebensmittelbereich und speziell auch bei den Bienenprodukten beleuchtet, stechen einige Trends besonders ins Auge:

  1. a) Hausgemacht: direkt vom Imker
  2. b) Regionalspezialität: schmeckt die Blüten der Region
  3. c) Professional Food: am Supermarkt führt kein Weg vorbei – Differenzierung im Regal (Premium)
  4. d) Umweltschutz: Honig wird gleichgesetzt mit „Natur pur"

Die Voraussetzung für den Weiterbestand der klein strukturierten Imkerei ist aber nur dann gewährleistet, wenn auch eine der jeweiligen Betriebsgröße angeglichen Aktions- Innovations- und Investitionsbereitschaft gegeben ist.

 

Der zukünftige Imker benötigt klare Ziele und offensives Agieren

  1. a)    Schaffung von imkerlichen Exkursionsbetrieben
  2. b)    Schaffung von imkerlichen Erlebnisbetreiben
  3. c)    Schaffung von höherer Lebensqualität durch die Imkerei
  4. d)    Reduktion des Auspendeln durch Absicherung der wirtschaftlichen Situation über Bienen
  5. e)    Wertschöpfung durch Bestäubung und Honigverkauf in der Region gewährleisten

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die klein strukturierte Imkerei in Mitteleuropa dann Zukunft hat, wenn sich die betroffene Imkerschaft den Anforderungen der heutigen und zukünftigen Zeit offensiv stellt. Eine gediegene Ausbildung im Bereich der Bienenwirtschaft wird auch für den kleineren Imker zur Selbstverständlichkeit werden müssen! Im Bereich des Honigmarktes wird es noch einschneidende Veränderungen geben, wobei dies nicht unwesentlich von den WTO-Verhandlungen für die Gesamtlandwirtschaft und der zukünftigen Förderpolitik der EU im Bereich des Honigmarketings abhängig sein wird. Der Kleinimker vermarktet schwerpunktmäßig regional und deshalb werden im diese Ergebnisse nicht so direkt treffen, als dem erwerbsorientierten Imker, welcher bekanntlich verstärkt über den Großhandel vermarkten muss.

Der Trend der Jugend zum imkerlichen Zuerwerb wird noch ansteigen, zur gleichen Zeit geht aber die Anzahl der traditionellen Freizeitimker kontinuierlich zurück. Dieser Trend ist in der allgemeinen Landwirtschaft nicht aufzuhalten und leider auch in unserer Branche nicht.

Hat also die klein strukturierte Imkerei Mitteleuropas noch eine Zukunft?

„Ja“ aber ...