Dr. Klaus Wallner
Universität Hohenheim, Landesanstalt für Bienenkunde
Aktuelles zur Rückstandssituation von Varroaziden und anderen Bioziden in Honig und Wachs!
Der Blickwinkel auf eines der wichtigen Bienenprodukte der Imkerei, das Bienenwachs, ändert sich. Es ist weit mehr als Brutaufzuchtstätte, Zwischenlager für Honig oder Bienenbrot oder Sitzplatz für Bienen. Das Wabenwachs stellt quasi eine Falle für eine ganze Reihe von Wirkstoffen aus dem Bereich Umweltverschmutzung, Landwirtschaft und Imkerei dar.
Leider hat sich vor allem im deutschsprachigen Raum eingebürgert, aus den alten, schwarzen Waben wieder Mittelwände herzustellen. Dabei landen aber die Wirkstoffe, von denen man sich gerne trennen würde, wieder im Bienenvolk. Wir wissen von den alten Varroabekämpfungsmitteln, dass selbst nach dem Verzicht auf ihre Anwendung die Wirkstoffe noch über 10 Jahre im Mittelwandwachs zu finden waren. Eine Folge dieses Recycling Prozesses. Alle Schmelz- und Verarbeitungsverfahren haben leider nur einen begrenzten Einfluss auf den Wirkstoffgehalt im Wachs. In diesem Zusammenhang muss man auch die Aussagen auf dem Label der Mittelwandpakete im Handel richtig einordnen. Garantiert reines Bienenwachs kann ein filtriertes, von Schmutzpartikeln befreites Wachs sein, es kann aber auch ein nicht mit Fremdwachsen, wie Paraffin oder Stearin, verfälschtes Wachs sein. Am wenigsten bezieht sich das „rein“ dagegen auf den Wirkstoffgehalt im Wachs. Oftmals wird es aber so verstanden. Wir brauchen also eindeutige Begriffe, die beschreiben können, was tatsächlich gemeint ist.
Bienenwachs spielt eine zentrale Rolle im Bienenvolk und in der Imkerei. Es steuert wichtige Prozesse im Bienenvolk, die wir als Imker häufig nicht beeinflussen können, aber zumindest kennen sollten.
So kann das Wachs Substanzen mit lipophilem Charakter (fettliebend) aufnehmen und auch wieder abgeben. Diese Substanzen können über eine Vielzahl von Wegen in ein Bienenvolk gelangen. Dies wurde in Vergangenheit bei Wirkstoffen aus dem Bereich der Wachsmottenbekämpfung, der Varroabekämpfung und bei einem Bienenabwehrspray (DEET) deutlich. Bienenwachs speichert und konserviert viele Wirkstoffe. Ein Abbau im Wachs findet meist nur in wenigen Ausnahmefällen statt. Wirkstoffe reichern sich bei häufiger Verwendung allmählich an und sind dann ab einer bestimmten Wachsbelastung auch im Honig, Bienenbrot oder Larvenfutter messbar.
Für Rückstände im Bienenwachs gibt es, im Gegensatz zum Honig, keine gesetzlichen Höchstmengenregelungen, aber aufgrund der Diffusionsvorgänge sachlich begründete Empfehlungen. So haben Laborversuche gezeigt, dass beispielsweise der Wirkstoff DEET bereits ab einer Wachsbelastung von 0,5 mg/kg den Honig so beeinflusst, dass seine Verkehrsfähigkeit gefährdet wird. Ähnliches gilt für das Paradichlorbenzol aus der ehemaligen Wachsmottenbekämpfung. Der Perizin-Wirkstoff Coumaphos und andere Varroazide werden ab einer Wachsbelastung von 1 mg/kg im Honig messbar. Deshalb richten sich die Empfehlungen, die von der Landesanstalt im Bezug auf die tolerierbare Rückstandsbelastung von Bienenwachs gegeben werden, nach diesen Diffusionsvorgängen und nach der Tatsache, dass in jedem Honig winzige Wachspartikel schweben, die später mitgegessen werden.
Deshalb sollte verstärkt Entdecklungs- und Baurahmenwachs als Mittelwandwachs zum Einsatz kommen. Gerade das Baurahmenwachs, als reines Jungfernwachs, ist das sauberste Wachs, das im Imkerbetrieb gewonnen werden kann: Ganz nebenbei kann der Varroabefall der Völker reduziert werden. Das mit Wirkstoff angereicherte Altwachs sollte dagegen in die Kerzenproduktion gehen. Durch ein entsprechendes Wachsmanagement kann der Imker den Großteil dieser Wirkstoffe gezielt aus den Völkern herauszuholen. Elegant geht das, wenn man in der Magazinbetriebsweise im Herbst oder Frühjahr die Fußzargen, und damit die ältesten Waben aus den Völkern entfernt. Diese Waben werden nicht mehr sortiert, sondern unabhängig von ihrem Aussehen eingeschmolzen.
Imker sollten also bemüht sein, die Rückstände in ihrem Bienenwachs auf möglichst geringem Niveau zu halten.
Um Informationen zur Situation im eigenen imkerlichen Betrieb zu bekommen, kann jeder Imker sein Bienenwachs an der Landesanstalt für Bienenkunde in Hohenheim untersuchen lassen. Dafür gibt es seit diesem Jahr sogar wieder Fördermittel der EU.